Macht Arbeit das Leben süß oder verdirbt sie den ganzen Tag? Kommt es darauf an, sich in der Arbeit zu verwirklichen oder sich von ihr zu befreien? Ist Arbeit „erstes Lebensbedürfnis“ (Karl Marx) oder „alles, was keinen Spaß macht“ (Bertolt Brecht)? Die Arbeit hat das moderne Leben kolonialisiert. Sie hat sich mit allen unseren Tätigkeiten verbunden und diese zum „Broterwerb“ degradiert; alles ist Arbeit geworden – Arbeit „sans phrase“: politische Arbeit, Erziehungsarbeit, künstlerische Arbeit, Beziehungsarbeit, Trauerarbeit. Mit der Arbeit verknüpft die Moderne ein Selbstverwirklichungsversprechen, das sich vor der Realität der Arbeiten blamiert, die kaputt machen und zwar Produzenten wie Konsumenten. Das Projekt „Arbeit und…“ besichtigt und beschreibt den sachlichen, sozialen und zeitlichen Sinnhorizont des Arbeitens als Synthese der drei Komponenten Bedarf, Leistung und Gebrauch.
Arbeit und Muße
Teil 1 des Projektes verfolgt die Ideengeschichte der Arbeit und rekonstruiert dabei, dass der Arbeit bis zur Moderne eine eher untergeordnete Bedeutung zukam als Bedarfssicherung. Ihre andere Seite war nicht Freizeit, sondern die Arbeit war not-wendig, um in der Muße die eigentliche Vermenschlichung zu erreichen. Des Weiteren wird ein Blick in die Zukunft riskiert, in der die Arbeit ihre Macht über den Alltag verlieren und die Muße an Bedeutung gewinnen könnte.
Literatur: Hans-Jürgen Arlt, Rainer Zech (2015): Arbeit und Muße. Ein Plädoyer für den Abschied vom Arbeitskult. Wiesbaden: Springer
Qualitätsmanagement und gute Arbeit
Teil 2 des Projektes umreißt ein Verständnis von guter Arbeit in einer gerechten Gesellschaft und zeigt, wie das so genannte Qualitätsmanagement nicht die Qualität von Arbeitsprozess und Arbeitsprodukt managt, sondern die Arbeit und die Arbeitenden dem Kapitalverwertungsprozess unterwirft. Das traditionelle Qualitätsmanagement wird als verdeckt herrschaftliches Disziplinarsystem entschlüsselt. Skizziert wird, wie Qualitätsentwicklung guter Arbeit dennoch gelingen könnte.
Literatur: Rainer Zech (2015): Qualitätsmanagement und gute Arbeit. Grundlagen einer gelingenden Qualitätsentwicklung für Einsteiger und Skeptiker. Wiesbaden: Springer
Kommunikation und Arbeit
Teil 3 des Projektes untersucht moderne Arbeit in hoch entwickelten, kapitalistischen Ländern, deren Kennzeichen es ist, dass auf der einen Seite Arbeitsprozesse informatisiert und auf der anderen Seite immer mehr Bereiche gesellschaftlicher, ehemals lebensweltlicher Kommunikation ökonomisiert werden. Beides verschmilzt in der modernen Kommunikationsarbeit. Lebensweltliche Kommunikation kann unabhängig von einem zustimmenden Ja oder einem ablehnenden Nein anschlussfähig weitergeführt werden. Dies ist bei Kommunikationsarbeit anders. Hier geht es nicht in erster Linie um ein gemeinsames Verständnis, sondern um Zustimmung, weil der Arbeitsaspekt der Kommunikationsarbeit nicht realisiert werden kann, wenn die Kommunikationsofferte inhaltlich abgelehnt wird. Mit dem qualitativ Hegemonialwerden von immaterieller Kommunikationsarbeit und der Auflösung der Grenze zwischen Arbeitswelt und Lebenswelt vergrößert sich die Gefahr, dass gesellschaftliche Kommunikation insgesamt rein strategisch in der persuasiven Organisation von Zustimmung aufgeht und Kritik neutralisiert wird.
Literatur: Rainer Zech (2016): Kommunikation – Arbeit – Kommunikationsarbeit. Die Zerstörung gesellschaftlicher Verständigungsorientierung durch Kommunikationsarbeit. In: Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO), 47(1), Juni 2016, S.35-42
Arbeit und Freiheit
Teil 4 untersucht den Zusammenhang von Arbeit und Freit. Unsere moderne Gesellschaft feiert und verteidigt die Freiheit als ihren höchsten Wert. Zugleich stellt sie mit der Arbeitstätigkeit eine Lebenspraxis in ihr Zentrum, die in der Regel unfreiwillig und fremdbestimmt ausgeübt wird. Dieses Paradox wird zum Anlass genommen aufzuzeigen, wie die Moderne in die Arbeitsgesellschaft hineingeriet und wie sie herauskommen kann. Statt auf das Recht des Stärkeren oder die Verstaatlichung der Arbeit zu setzen, wird für ein Freiheitsverständnis plädiert, dem es auf das reflektierte Verhältnis von Bindung und Unabhängigkeit ankommt. Skizziert wird eine Wirtschaftsweise, die besser zu leben und weniger zu arbeiten als egalitäres, nicht nur als elitäres Programm realisiert.
Literatur: Hans-Jürgen Arlt (2016): Arbeit und Freiheit. Eine Paradoxie der Moderne. Wiesbaden: Springer VS
Prof. Dr. Hans-Jürgen Arlt – Universität der Künste
Prof. Dr. Rainer Zech – ArtSet Forschung Bildung Beratung GmbH