Ausführliche Handreichung zum Modellprojekt für Niedersachsen zur gelingenden Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe
Zur partizipativen Entwicklung von fachlichen Empfehlungen zur Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe nach § 79a SGB VIII hat das Land Niedersachsen im Juni 2016 ein Modellprojekt gestartet, mit dem in vier ausgewählten Modelljugendämtern bereits bestehende Elemente der Qualitätsentwicklung aufgegriffen und in einem strukturierten Prozess weitere Maßnahmen und Instrumente der Qualitätsentwicklung für die Jugendhilfe entwickelt und erprobt worden sind. Dem Modellprojekt zugrunde lag die Auffassung von Qualität als Gelingen und von Qualitätsentwicklung als Organisationsentwicklung. Dabei wurde unter der fachlichen Begleitung von ArtSet nach der Logik der Kundenorientierten Qualitätsentwicklung für soziale Dienstleistungsorganisationen (KQS) mit zwölf Qualitätsbereichen vorgegangen. Jetzt liegt die ausführliche Dokumentation des Modellprojekts mit einer Beschreibung des Prozesses, dem zugrunde liegenden Verständnis von Qualität als Gelingen und von Qualitätsentwicklung als Organisationsentwicklung sowie einer Ergebnisdarstellung vor. Gelingensfaktoren und Handlungsempfehlungen für die Gestaltung der Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe runden die Dokumentation ab.
Als Fundament des Prozesses entwickelten die beteiligten Modelljugendämter Celle, Gifhorn, Nienburg und Rotenburg im Kick-off-Workshop im Oktober 2016 in Hannover gemeinsam die Inhalte einer Definition gelungener Kinder- und Jugendhilfe, die von einer Redaktionsgruppe ausformuliert wurde:
Kinder und Jugendhilfe ist gelungen, wenn …
- …der Kunde / die Kundin als Kundige/r in eigener Sache akzeptiert und ihr / ihm mit Achtung und Respekt begegnet wurde;
- … die Lebenswelt der Kunden verstanden und das gesamte System in den Blick genommen wurde sowie alle relevanten Akteure beteiligt waren;
- … Vertrauen aufgebaut wurde und die Mitwirkungs- und Veränderungsbereitschaft der Kunden aktiviert wurden;
- … sie als Prozess erlebt wurde, in dem angemessen klar, transparent und professionell kompetent mit der Problemstellung der Kunden umgegangen wurde;
- … durch die Klärung der Rahmenbedingungen und Ressourcen ein individuell passendes Unterstützungsangebot zur selbstständigen Bewältigung des Alltags der Kunden geführt hat;
- … Kinder und Jugendliche unter förderlichen Lebensbedingungen aufwachsen können;
- … ein Ergebnis erzielt wurde, das den Kunden ein Leben in eigenständiger Verantwortung sich und anderen gegenüber möglich macht.
Danach erfolgte in jedem Modelljugendamt eine ausführliche Bestandsaufnahme der bisherigen Qualitätsentwicklung. Ziel dabei war es, funktionierende Verfahren beizubehalten und Leerstellen in relevanten Qualitätsbereichen zu entdecken. Die Bestandsaufnahme mündete in einen Projektplan, der für jedes Jugendamt eine Entwicklungsbegleitung in ausgewählten Qualitätsbereichen vorgesehen hat. Zu den behandelten Qualitätsbereichen zählen Leitbild, Bedarfserschließung und Informationsbeschaffung, Schlüsselprozesse, Sozialer Dienstleistungsprozess, Externe Dienstleister und Kooperationen, Evaluation der sozialen Dienstleistungsprozesse, Führung, Personal, Controlling, Kundenkommunikation und strategische Entwicklungsziele. Sämtliche von ArtSet bereit gestellten Dokumente (Präsentationen, Arbeitshilfen, Qualitätswerkzeugnisse) sowie die Arbeitsergebnisse der Jugendämter wurden in einen Online-Konferenzraum Qualitätsentwicklung eingestellt und standen allen beteiligten Modelljugendämtern während der Projektlaufzeit bis Ende 2018 zur Verfügung. Die Entwicklung eines gemeinsamen Qualitätskatalogs für die Kinder- und Jugenhilfe rundete das Modellprojekt ab.
Das Projekt zur gelingenden Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe sollte in der geplanten Laufzeit dazu führen, dass die beteiligten Modelljugendämter ihre Qualitätsentwicklungsprozesse strukturiert haben und ihre weitere Qualitätsentwicklung eigenständig durch- und fortführen können. Im Rahmen des Modellprojektes wurden Instrumente und Verfahren der Qualitätsentwicklung entwickelt, die auf andere Jugendämter in Niedersachsen übertragbar sind. Die durchgeführten Prozesse wurden wissenschaftlich aufbereitet, ausgewertet und in einer ausführlichen Handreichung zusammengefasst, sodass auch nicht direkt am Projekt beteiligten Jugendämtern ein strukturierter Rahmen zur Verfügung steht, der für die jeweiligen Qualitätsentwicklungsprozesse vor Ort genutzt werden kann. Der Fachtag Jugendhilfe 2018, der am 20. November 2018 in Hannover stattgefunden hat, war gänzlich der Ergebnispräsentation aus dem Modellprojekt zur partizipativen Qualitätsentwicklung gewidmet.
Weitere Begleitung der Qualitätsentwicklung ab 2019 und ab 2020
Der gelungene Verlauf und erfolgreiche Abschluss des Modellprojekts zur partizipativen Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe haben das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie dazu motiviert, ab 2019 und erneut ab 2020 für weitere Jugendämter eine professionelle Begleitung ihrer Qualitätsentwicklungsprozesse zu fördern. In den Jahren 2019-2020 haben sich die Jugendämter Stadt Osnabrück, Landkreis Oldenburg, Landkreis Helmstedt und Landkreis Schaumburg mit einer systematischen Qualitätsentwicklung beschäftigt. Für den Projektstart ab 2020 konnten die Jugendämter Stadt Göttingen, Landkreis Göttingen, Landkreis Wittmund und Landkreis Lüneburg gewonnen werden.